01. August 2019
UNAUFGEFORDERTE WERBUNG
Es ist immer ein Experiment, ein Restaurant zu betreten, von dem man im Vorfeld nicht weiß, ob es gut ist oder schlecht. Da aber Probieren über Studieren geht, muss man sich wohl oder übel dem Experiment stellen und was auch immer kommt über sich ergehen lassen. In der Regel trügt mich aber meistens meine Intuition nicht, wenn es darum geht, einen Volltreffer zu landen.
In diesem Fall ist das Orphée in Regensburg der absolute Glücksfall. Schon bevor ich das Lokal betrete, gefällt mir, was ich sehe. So wie in Frankreich sitzen die Gäste draußen vor dem Eingangsbereich unter einer großzügigen Markise, die vor der aktuell gnadenlos brennenden Sonne Schutz und Schatten bietet. Charmant, trés chic und absolut französisch wirkt das mit dunklem Holz getäfelte Innenleben des offensichtlich sehr traditionellen und historischen Hauses. Wenn das Essen jetzt auch noch stimmig zum edlen Rahmen passt, dann kann wohl nichts mehr schief gehen.
Vermutlich werde ich aber etwas tiefer in die Tasche greifen müssen, denn französische Kost kostet auch etwas. Zumindest hatte ich diese Erfahrung bereits in Paris gemacht. Doch was für eine Überraschung! Als ich in die Mittagskarte schaue und mein Blick quer über die Menüvorschläge zum Preis wandert, kann ich es fast gar nicht glauben, dass 2 Gänge (Vorspeise und Hauptgang), inklusive Wasser, Kaffee und das Glas Hauswein insgesamt nur 20 Euro kosten sollen. Aber tatsächlich, so ist das Mittagsmenü auf der Speisekarte ausgewiesen. Nur, wo ist der Haken, bitteschön?
"Sicherlich werden die Portionen klein und die Zutaten nicht regional und frisch sein", überlege ich. Doch weit gefehlt. Als der erste Gang, eine Ziegenkäsetarte auf Tomatenbeet, serviert wird, bin ich sofort beeindruckt. Optisch macht das Essen schon mal gewaltig was her. Und nicht nur optisch, auch geschmacklich bin ich begeistert. Alles schmeckt hervorragend und scheint tatsächlich frisch zubereitet zu sein.
Auch der zweite Gang lässt keine Gaumenfreuden aus. Ich bekomme ein Steinbeißerfilet an einem Minze-Erbsenpureé kredenzt. Und der Clou ist die dazu gereichte Fischsoße, die von der Konsistenz an eine simple Remouladensoße erinnert, aber so gut und pikant gewürzt ist, dass man den Vergleich zum Ersteren gar nicht erst ziehen muss.
Es schmeckt mir ausgezeichnet und ich genieße mein Essen und das besondere Ambiente. Wie mir zu Ohren kommt, gibt es diese Institution auch schon etwas länger in Regensburg. Seit 1896 wurde in diesem Restaurant an der Inneneinrichtung nicht wesentlich viel verändert. Somit scheinen die dunklen Holzvertäfelungen noch original aus der Zeit zu stammen und sind bis dato liebevoll erhalten worden.
Auch das Mobiliar mit roten Samtsesseln und Marmortischen setzt ein echtes französisches Statement. Dabei ist die Küche mediterran-bodenständig, ohne viel Chichi und Schnickschnack. Keiner muss sich beim Studieren der Menükarte und dem anschließenden Bestellen die Zunge abbrechen, weil er nicht aussprechen kann, was er ordern möchte. Nein, so ein Restaurant ist das Orphée auf gar keinen Fall.
Hier darf man sich wohlfühlen, muss sich nicht verstellen und braucht auch überhaupt kein Französisch zu sprechen, denn alle Speisen sind in deutscher Sprache ausgewiesen. Es geht unkonventionell im Orphée zu, scheint man sich doch auf das Savoir-vivre bestens zu verstehen.
In der Küche, man mag es kaum glauben, kochen, der Tradition des Hauses gemäß, Frauen. Das war früher so und ist auch heute noch so!
Mittlerweile gibt es aber eine Riege begabter männlicher Köche, die sich unter die geballte Frauenpower mischt und die Männerquote ein wenig anhebt.
Im Prinzip ist es mir eh gleich, wer kocht, solange das Orphée ein Ort zum Verweilen und Genießen bleibt!
Restaurant Orpheé
Untere Bachgasse 8
93047 Regensburg
Website: www.hotel-orphee.de
Öffnungszeiten: täglich 8.00 Uhr bis 1.00 Uhr
Reservierung unter: +49 (941)-52977