haarsträubende haarspaltereien

03. MAI 2020

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©Nicole Hacke / Frisur Oppermann Haute Coiffure Hamburg

Haarspaltereien, wer will die schon haben? Weder im Zwischenmenschlichen noch im haarsträubendsten Kontext sind sie uns willkommen. Doch was, wenn sich der Spliss in den Haarspitzen nach monatelanger Haarpflegeabstinenz wie aus heiterem Himmel ankündigt, wie die erste Mahnung einer unbezahlten Rechnung?

 

Natürlich hätte ich nach so viel Nachlässigkeit und monatelangem Friseurentzug mit den einschneidenden Konsequenzen rechnen müssen. Stattdessen habe ich es auf meinem Haupt einfach wild und unkontrolliert so vor mich hinsprießen lassen, sodass nun mein ansonsten so gut gepflegter und ziergartenähnlicher Schopf, wie Kraut und Rüben in die unmöglichsten Wuchsrichtungen ausgeufert ist.

 

Nun habe ich den Salat - und zwar auf meinem Kopf!


Die Haarspitzen spalten sich aggressiv in alle Himmelsrichtungen, werden dünn und immer dünner. Die einst so schicke Frisur, die akkurat, gepflegt und glänzend mit meinem strahlenden Lächeln nur so um die Wette konkurrierte, klebt mittlerweile platt, schlapp und matt an meiner Kopfhaut, so als hätte man sie mir dort mit UHU fixiert.
Die Schwerkraft meiner lang gewordenen Haare, zerrt längst nicht nur an meinen Haarwurzeln, sondern zunehmend auch an meiner Psyche. Und mit den überlangen Haaren erschlaffen auch meine tendenziell eher elastisch prallen Gesichtszüge, was unschwer an meinen traurig herabfallenden Mundwinkeln zu erkennen ist. Ich hab es doch tatsächlich vergeigt.

 

So unzivilisiert kann ich mich fortan in der Öffentlichkeit nicht mehr präsentieren, zumindest nicht ohne eine schmeichelnde Kopfbedeckung, die meine Haare gut gebändigt, unter einem formschönen Hut oder einem elegant drapierten Tuch auf nimmer Wiedersehen verschwinden lässt.

 

©Nicole Hacke / Frisur Oppermann Haute Coiffure Hamburg

 

Ganz ehrlich: ich kann mich in diesem haarsträubenden Zustand nicht mehr leiden. Doch was soll ich machen?

 

Dank Corona, dem Viruswahnsinn, haben derzeit alle Haarkünstler der Nation Schneidepause und rangieren in der bundesweiten Wichtigkeit an wohl untergeordneter Stelle. Mir kann es ja eigentlich gleich sein. Die Städte sind leer, die Bevölkerung arbeitet von zu Hause und auch sonst weichen die Menschen einander aus. Wen interessiert es da überhaupt noch, wie sein Gegenüber aussieht?

 

Verbuchen wir den Friseurgang doch einfach unter die Banalitäten unseres vom Überkonsum geplagten Zeitalters! Aber hoppla. Ganz sicher nicht. Ein guter Haarschnitt, eine schicke Frisur ist immer und ausnahmslos Ausdruck individueller Persönlichkeit, und das vielmehr noch, als es die Mode mit ihrem ständig wechselnden Diktat ausrichten kann.
Mit einer toll sitzenden Haarpracht erledigen sich insbesondere für die permanent gestresste Frau die fast schon obligatorischen Besuche beim Psychologen, ästhetischen Chirurgen und Modeberater in einem Abwasch. Wirklich kein anderer künstlerisch veranlagter Dienstleistungssektor schafft es, lebensberatend, ästhetische Wunder aus den begabten flinken Händen zu zaubern, es sei denn, man gerät an den falschen Friseur.


Dann nämlich kann die Katastrophe nicht größer sein. Eine schlecht sitzende Frisur, ein miserabler Schnitt verderben einem auf der Stelle die gute Laune, rauben einem die positive Energie und lassen einen entweder um Jahre gealtert oder schlichtweg lächerlich aussehen.


Einen guten, talentierten Friseur aufzutun, ist, wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden, beinahe so gut wie unmöglich. Und wenn es einem gelingt, den Volltreffer zu landen, dann hat man ganz sicher in der Zwischenzeit einige Pleiten und Pannen erlebt, musste unzählige haarige Experimente über sich ergehen lassen und "dauerwellenverwönt", wie ein explodierter Pudel, frustriert und enerviert von dannen ziehen, nur um beim nächsten Friseur sein Glück erneut zu versuchen - und das dann meistens auch vergebens! Aber wie schon das Sprichwort sagt:

 

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Meine hat es Gott sei Dank überlebt.

 

©Nicole Hacke / Frisur Oppermann Haute Coiffure Hamburg

Und jetzt, da ich endlich Vertrauen geschöpft, den einen Coiffeur gefunden habe, dem ich meine Haare ohne Bedenken in die begnadeten Hände legen kann, jetzt, wo scheinbar alles gut ist und ich meine Haaralbträume für immer ad acta legen darf, pfuscht mir so ein hundsmiserabler Virus mal so eben ins Handwerk und lässt mich am langen Arm der Verwahrlosung einfach so verhungern.

 

Meine Mutter, die mit ihren 87 Jahren so rein gar nichts auf das Coronavirus gibt, weder gesteigerten Angstneurosen, noch sonst irgendeiner Panik verfallen ist, empört sich mittlerweile immer gehäufter über die für sie inakzeptablen Sicherheitsvorkehrungen, die ihr den Gang zum Friseur vereiteln.


Eitel, wie nur meine Mutter sein kann, musste ich innerlich schmunzeln, als sie sich neulich am Telefon entrüstet über ihr haariges Problem ausließ. Eine Lappalie, dachte ich, denn wer so pferdeborstige, dickte Haare hat, die immer gut sitzen, kaum gewaschen werden müssen, tipptopp und ohne großen Aufwand jeden Tag, wie aus dem Ei gepellt aussehen, der sollte deutlich kleinere Brötchen backen, wenn es darum geht, sich künstlich über schlecht sitzende Haare zu echauffieren.


Woran ich allerdings nicht gedacht hatte, meine Mutter ist gebrechlich und so gut wie nicht mehr in der Lage, sich die Haare selbst zu waschen, zu föhnen oder gar auf Lockenwickler zu drehen.


Das Alter macht ihr da leider einen großen Strich durch die Rechnung. Und natürlich steigt ihr Bedürfnis von Tag zu Tag mehr, ihre Kopfhaut gesäubert zu wissen, je stärker der Juckreiz an ihren Haarwurzeln nagt. Ganz klar ist: der Gang zum Friseur ist ein menschliches Bedürfnis, wie alle anderen lebensnotwendigen Bedürfnisse auch. Darum hoffe ich inständig, dass nicht nur meiner Mutter beizeiten geholfen wird, sondern auch mir und allen anderen notleidenden Frauen, die dringend einer ordentlichen Frisur bedürfen.


Denn als vollwertiger Mensch kann ich mich erst dann fühlen, wenn es an meinem Kopf wieder stimmt.


Haare gut, alles gut! Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!


Wie geht es Euch derzeit mit Euren Haaren? Verspürt Ihr auch das Bedürfnis nach Ordnung und einem gepflegten äußeren Erscheinungsbild, gerade jetzt, wo Instabilität, Unsicherheit und Ungewissheit unseren Alltag dominieren? Oder ist Euch das alles in der aktuellen Krisenzeit völlig egal, vielleicht sogar so egal wie das Tragen oder Nicht-Tragen von Schutzmasken?

 

Was bedeutet für Euch Normalität und wie steht Ihr zu all den einschränkenden Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Schönheitspflege? Ganz sicher hängt unser Leben nicht von übergeordneten "Beautyroutinen" und dergleichen ab. Lebensnotwendig sind sie sicherlich nicht. Dennoch verleihen sie uns eine gewisse Haltung und Contenance, um erhobenen Hauptes durch das Tief dieser Tage zu schreiten.

 

Es ist sogar erwiesen, dass beispielsweise der Konsum von Lippenstiften in wirtschaftlich schwachen Perioden deutlich zunimmt. Der Wunsch, sich gut fühlen zu dürfen und nach außen ein positives Erscheinungsbild abzugeben, scheint relevant und wichtig zu sein. Bricht die Welt über uns zusammen, so sitzt wenigstens die Frisur, glänzen die Lippen in dem schönsten Rotton, sehen wir adrett und gepflegt aus.

 

Manch einem mag das vor dem Hintergrund einer Gesundheitskrise lächerlich und völlig abstrus erscheinen. Doch wenn die Welt uns gerade ihre hässlichste Fratze zeigt, müssen wir ihr das nicht unbedingt auch noch gleich tun, oder?

 

Und zum Glück dürfen ab morgen die Friseurläden ihre Türen wieder für die Allgemeinheit öffnen. Was für eine Erleichterung. Ich werde gleich zusehen, dass ich mir schnellstmöglich einen Termin reservieren lasse, damit ich mich endlich wieder wie ein neuer Mensch fühlen kann!

 

Eure


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