21. NOVEMBER 2019
Noch vor ein paar Jahren wartete ich immer sehnsuchtsvoll und mit großer Ungeduld auf den bevorstehenden Sommerurlaub. Zu dem Zeitpunkt lagen die letzten Ferien bereits ganze 6 Monate zurück. Als dann der lang ersehnte Urlaub endlich kam, waren meine Energietanks so leer, dass auch während der 2-wöchigen Auszeit die Luft bei mir vollends raus war.
Anstatt voller Elan, Schwung und Euphorie in die freien, sonnenverwöhnten Tage zu starten, musste ich mich tatsächlich erst mal, erschöpft, wie ich war, von dem ganzen Stress, den ich über ein halbes Jahr in mir aufgestaut hatte, erholen.
Und das bedeutete im schlechtesten Fall immer, dass ich die 2, maximal 3 Wochen Ferienzeit fast ausschließlich am Strand herumlag und mehr oder minder unbeteiligt vor mich in den Tag hinein döste, ohne Motivation und Antrieb. Man könnte sagen, ich verpennte so meine freien Tage, erlebte dabei relativ wenig und kam letzten Endes fast genauso frustriert aus dem Urlaub zurück, wie ich ihn gestresst angetreten hatte.
Die Zeit, die schön, erlebnisreich, entspannt, inspirierend und bereichernd hätte werden können, verpuffte einfach im Nichts, so als ob es nie eine Auszeit gegeben hätte. Dadurch war ich dann noch viel gestresster als zuvor, machte mich widerwillig und lustlos an die Arbeit und sehnte bereits den nächsten Urlaub herbei, der nach meinem Empfinden immer weiter in die Ferne rückte und fast schon unerreichbar schien.
Als ich vor 3 Jahren endlich begriff, dass man Lebenszeit nicht aufschieben kann und die Wochenenden dazu da waren, um sinnvoll und erfüllend gestaltet zu werden, fing ich an mein erstes verlängertes Wochenende in einer fremden Stadt zu verbringen. Ich fuhr nach Amsterdam, erkundete die Stadt, machte eine Grachtenfahrt, ließ es mir kulinarisch und kulturell gut gehen, besuchte Kunstausstellungen, ein Konzert und merkte schon während meines Aufenthaltes, dass mir die Abwechslung und die damit einhergehenden neuen Eindrücke und das Gesamterlebnis unglaublich viel Energie gaben.
Ich fühlte mich so glücklich und befreit, wie schon lange nicht mehr und hatte auch das Gefühl, viel mehr Tage in der Stadt verbracht zu haben, als das tatsächlich der Fall war.
Aber warum geben uns kleine Auszeiten bloß so viel Energie?
Wir leben unseren Alltag in Routinen und festen Abläufen, die nur hin und wieder von der Norm abweichen. Spontanität und Zeit für Neues bleiben dabei meistens auf der Strecke. In dem Moment aber,
wo wir auf Reisen gehen und uns in einer völlig unbekannten Umgebung wiederfinden, wird die Routine gekippt und durch das spontane Entdecken ersetzt. Nichts läuft somit nach Plan. Man fängt
an, sich treiben zu lassen, wird überwältigt von den neuen Eindrücken, wird zum Entdecker und Abenteurer.
Das Leben scheint plötzlich wieder voller Möglichkeiten zu sein. Man probiert das regionale Essen, lässt sich auf andere Kulturen ein, muss sich womöglich auch in einer anderen Sprache artikulieren oder sich auf den regionalen Dialekt seiner Landsleute einstellen. Das sind alles Dinge, die neu und anders sind, uns Flexibilität und eine gewissen geistige Wendigkeit abverlangen. Dabei werden ganz klar die Grenzen unserer Routine gesprengt.
Und genau solche Erfahrungen brauchen wir, um uns lebendig zu fühlen, um kreativ und gleichermaßen produktiv sein zu können, denn wir sind nicht dafür gemacht tagein und tagaus in ein und demselben Trott vor uns hinzuarbeiten, routinierte Abläufe bis zum Erbrechen zu praktizieren. Wir sind Gestalter und Entwickler, Entdecker und Erfinder, neugierig und interessiert, aufgeschlossen und wissbegierig. Wir brauchen immer und immer wieder neue Herausforderungen, die uns Energie geben und uns beflügeln.
Aber das geht nur, wenn wir immer wieder etwas Neues dazu lernen, uns auf Fremdes einlassen, unseren geistigen Horizont erweitern und nicht aufhören an unseren Potenzialen zu arbeiten. Der Mensch ist ganz einfach nicht für den Stillstand oder gar für die Gleichförmigkeit des Alltags geschaffen.
Seitdem ich mir jetzt jeden Monat eine abenteuerliche Auszeit an einem oder mehreren Wochenenden gönne, Zeit in einer neuen, mir unbekannten Umgebung verbringe, blühe ich auf, schöpfe Kraft und bekomme neue Impulse, von denen ich viele Wochen zehren kann. Längst sehne ich die Hauptferienzeit und die längeren Urlaubsfenster nicht mehr so sehnsüchtig herbei, wie in der Vergangenheit, denn ich reichere meine Wochenenden nachhaltig mit Erlebnissen an, die sich in meinem Kopf zu einzigartigen, unvergesslichen Erinnerungen ansammeln.
Und mit genau dem Reichtum an schönen, intensiv erlebten Momenten verhindere ich den Alltagsblues, der mich oft genug versucht zu überkommen, denn meine mittlerweile große Sammlung an wunderbaren Erinnerungsschätzen wiegt jede noch so zermürbende Alltagsroutine im Nu auf, zumindest solange, bis die nächste Wochenendreise wieder ansteht.
Daher kann ich jedem wirklich nur ans Herz legen, im Moment zu leben und die freie Zeit, die uns nach der Arbeit oder an den Wochenenden vergönnt ist, mit einmaligen Erlebnissen zu füllen, neue Impulse zu setzten, auch wenn das Abweichen von eingefahrenen Routinen nicht immer leicht fällt.
Fest steht, das die kleinen Abenteuer und die Fluchten aus dem Alltag uns neue Kraft, Energie und das großartige Gefühl des ganz "Bei-uns-Seins" geben. Tolle, einmalige und unwiederbringlich schöne Erlebnisse sind die eigentlich wahren Glücksmomente in unserem Leben. Und genau die brauchen wir, fast schon, wie die Luft zum Atmen! Darum lasst uns doch gleich mit dem bevorstehenden Wochenende in ein neues, aufregendes Abenteuer starten!
Eure