11. APRIL 2020
UNAUFGEFORDERTE WERBUNG
©Nicole Hacke / Elbstrand Haseldorfer Marsch
Es pfeift der Wind, die Luft ist klar, das Auge reicht so weit wie der Horizont. In der ferne blöken ein paar Schafe miteinander um die Wette. Der Frühling hat bereits Einzug in den Elbmarschen gehalten. Überall sprießen die Osterglocken wie Unkraut aus dem Boden und auch die Kirschbäume tragen bereits ihr prächtiges, rosafarbenes Blütengewand. Nirgendwo anders, als eine knappe halbe Autostunde von Hamburg entfernt, lebt es sich so idyllisch, beschaulich und ruhig wie in dem einzigartigen Landschaftsstrich, der vergleichsweise so viel Erholungswert und Rückzugsmöglichkeiten aufzubieten hat, wie die Urlaubsregionen an Nord- und Ostsee selbst.
Die holsteinischen Elbmarschen, die ein breitflächiges Gebiet an der Unterelbe umschließen, unterteilen sich in vier Marschgebiete, (Wilstermarsch, Kremper Marsch, Seestermühermarsch und
Haseldorfer Marsch) von denen mein heutiges Ausflugsziel die Haseldorfer Marsch ist, die herrlich eingebettet zwischen Pinnau und dem Geestrand bei Wedel liegt.
Vom Hamburger Randbezirk Niendorf geht es direkt auf die A7 Richtung Pinneberg/Wedel. In nur knapp 10 Minuten fährt man bereits von der Autobahn ab und gelangt über kleine Ortschaften an Acker-
und Weideflächen vorbei in Richtung Haseldorf. Dort angekommen startet meine kleine Erkundungstour, die durch den typisch nordischen Charakter der Marsch- und Weidelandschaft führt.
Begrüßt von den unisono blökenden Schafen, marschiere ich gegen den rauhen, heftigen Wind an unendlichen Weideflächen und Wiesenlandschaften immer weiter hinauf zum Elbstrand. Auf meinem Weg sichte ich weiße Wolken am strahlend blauen Himmel. Und auch auf den weidenden Wiesen hüpfen freudig weiße Wollknäuel auf und ab. Es sind die jungen Lämmer, die sich miteinander verspielt austoben und ihre Kräfte unter Beweis stellen wollen.
Ulkig und ein wenig staksig tollen die kuscheligen Vierbeiner umher. Die Sonne strahlt aus allen Poren und der Wind pustet einem fast schon die lästigen Gedanken aus dem überlasteten Gehirn. Hier
kann man es sich so richtig gut gehen lassen, denn sowohl mental als auch körperlich findet man in diesem Naturparadies genügend wohltuende Auslastung. Man braucht einfach nur in eine
Himmelsrichtung starten und es läuft sich wie geschmiert immer geradewegs entlang des Deichs - weiter, weiter, so weit die Füße einen noch tragen können.
©Nicole Hacke / blökende Schafe
Fasziniert beobachte ich die an mir vorüberziehenden Wolkenformationen. Der Tag ist ein Paradebeispiel an Herrlichkeit und Fotogenität. Sogleich mache ich ein paar Schnappschüsse von neugierigen Schafen, die kurz an meiner Hand schnuppern, um dann möglichst schnell wieder das Weite zu suchen. Scheu sind die gutmütigen Lockenköpfchen, die mich aus weit aufgerissenen Augen argwöhnisch anstarren, so als müssten sie befürchten, noch vor den bevorstehenden Osterfestlichkeiten auf irgendeinem Spieß als saftiger Braten zu enden.
Das dumme Schaf ist längst nicht so dumm, wie man meint. 50 Gesichter ihrer Artgenossen können die liebenswerten Tiere sich bis auf zwei Jahre merken. Und auch, was den Gaumen anbelangt, sind
Schafe äußerst wählerisch. Sie fressen nur, was ihnen guttut und schmeckt. Alles andere verschmähen sie, ohne auch nur mit der Klimperwimper zu zucken.
©Nicole Hacke / Elbstrand bei Haseldorf
Irgendwie kann man diesen gutmütig dreinschauenden, wollenen Prachtwesen auf vier Beinen nichts vormachen. Sogar als ich mich zum Fortgehen von der aufmerksamen Herde abwende, habe ich das unsanfte Gefühl von zig Augenpaaren weiter durchbohrt zu werden. Auf der Hut sein, niemandem vertrauen, den ich nicht kenne. Auch ich würde ganz sicher dieses Misstrauen gegenüber Unbekannten hegen.
Oben auf dem Deich genieße ich erst mal die Aussicht auf das Umland und die unendliche Weite, die sich bis zum Horizont erstreckend im kaiserblauen Himmel verliert. Es ist ein strahlend schöner Tag, der von einer schlichten, obgleich farbintensiven Brillanz charakterisiert ist. Saftig grüne Wiesen, silbergrau schimmernde Priele, die mit dem satten Blau des Himmels konkurrieren und nur noch von den dynamischen Wolkengebilden komplementiert werden. So verzaubert habe ich die Elbmarschen bislang noch nie erlebt.
Am Elbstrand ist es nicht viel anders. Durch dichtes Unterholz an einem schmalen Waldsaum vorbei, lichtet sich der Weg nach nur kurzer Zeit und führt mich geradewegs auf einen breiten
Strandabschnitt zu. Das am Ufer wachsende Schilfrohr leuchtet golden in der Mittagssonne und streckt seine Ähren mit dem sanft wogenden Wind gen Himmel. Säuselnd flüstern sie eine leise Melodie,
und für einen kurzen Moment halte ich inne und vergesse allen Brass, der mich belastet. Langsam schlendere ich nun weiter hinunter zur Elbe.
©Nicole Hacke / Elbstrand bei Haseldorf
Dunkelgrau glänzt dort die unruhige, aufgewühlte Wasseroberfläche, auf der sich das Sonnenlicht spiegelt. Kaum ein Mensch begegnet mir an diesem außergewöhnlichen Sonntag, obgleich der Tag zu einem ausgedehnten Spaziergang geradezu einlädt.
Auf dem Weg zurück zum Deich, kurz bevor ich wieder in den Waldpfad abbiege, entdecke ich auf dem sandigen Untergrund ein Bodengewächs, das wie Löwenzahn aussieht. Leider kann ich nicht
bestimmen, ob es sich dabei um eine artverwandte Pflanze handelt. Nur eines weiß ich: wie wunderschön der Frühling sich präsentiert und noch dazu von seiner allerbesten Seite.
Der Frühling steht tatsächlich in den Startlöchern. Langsam aber sicher schießen die Knospen aus dem Boden, neues Leben wächst heran, erblüht zu voller Schönheit und Pracht. Osterglocken wiegen ihre gelben Köpfchen sanft schaukelnd im Wind. Und auch in den Baumkronen sprießt es grün oder blüht es sogar schon weiß und rosafarben in die Welt hinein.
©Nicole Hacke / Frühlingsblüte
Farben über Farben, Sinnesreize, die beleben, erquicken und fröhlich stimmen, auch wenn einem vielleicht nicht gerade danach zumute ist. Würde doch der kräftige Wind alle Widrigkeiten des Lebens einfach hinfort wehen, mit einem einzigen Stoß. Vom Winde verweht, so hoffe ich, dass sich das Corona-Virus über die Elbe hinweg bis zum Horizont und weiter verflüchtigt, uns in Ruhe lässt, damit wieder Normalität, Stabilität und eine gewisse perspektivische Planbarkeit eintreten kann.
Wäre doch alles so einfach, wie es uns die Natur vorgibt, dann müssten wir uns jetzt über Zukunftsmusik keine Gedanken mehr machen, denn in der Natur ist alles im Fluss, fließt alles wie von selbst, wird alles gelenkt, ohne äußere Einflüsse.
©Nicole Hacke / am Deich
©Nicole Hacke / Elbmarschen
Solange uns aber die Natur Kraft gibt, unser Leben zu meistern, ist die halbe Miete unserer Zuversicht schon eingefahren. Ich wünsche jedem von uns einen solchen Kraftort, eine Ruheoase, in der die chaotischen Wirren im Keim erstickt werden, und wenn auch nur für ein paar Stunden.
Vielleicht entspannt auch Ihr einmal in den Elbmarschen, wenn die Umstände es wieder zulassen. Ich wünsche Euch jedenfalls viel Gesundheit, Zuversicht und eine große Portion Optimismus.
Eure
©Nicole Hacke / auf dem Deich
Nach einer ausgiebigen Wanderung über Stock und Deich darf ein Besuch des Rißler Hofs im benachbarten Holm nicht fehlen. Das gemütliche Café im Landhausstil bietet ein großes selbst gemachtes Tortenangebot, das mit allerlei Köstlichkeiten aufwartet. So ist die Stachelbaisertorte neben weiteren Leckereien der absolute Renner, die Kuchenstücke selbst üppig und für den normalen Genussesser kaum zu bewältigen.
©Nicole Hacke / Café & Bliebe - Rißler Hof in Holm
Im Sommer gibt es auf der sonnenverwöhnten Terrasse, die auf die Elbmarschen blickt, Platz für bis zu 70 Personen. Wer die Abgeschiedenheit, das ländliche Flair und Kuchen wie „bei Oma“ liebt, der sollte sich das Café und Bleibe auf gar keinen Fall entgehen lassen.
Hinweis: aufgrund des Coronavirus ist es aktuell nicht möglich nach Schleswig-Holstein einzureisen.