tourismus in zeiten von corona - wie alternatives reisen möglich ist

ANREGUNGEN, TIPPS UND ERFAHRUNGSWERTE

16. AUGUST 2020

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

©Nicole Hacke / auf der Mauer, auf der Lauer oder einfach nur ganz entspannt alternativ, zwanglos und ohne Stress reisen

Reisen hat sich verändert. Ich merke es daran, dass die Menschen wieder mehr in die Natur gehen, Großstädte weitestgehend meiden und faktisch gerade sowieso auf eine kleine Auswahl streng selektierter Reiseziele begrenzt werden.


Als ich vorgestern auf dem Hamburger Flughafen auf das Boarding nach Wien wartete, waren gerade mal 20 Flüge für den gesamten Reisetag avisiert, so wenig wie noch nie. Exotische Destinationen waren dabei überhaupt nicht aufgeführt.
Ein paar Handvoll Flüge in die innerdeutschen Metropolen und in die europäischen Städte, die aktuell als risikofreie Corona-Zonen gelten, mehr war an diesem Tag nicht aus dem ansonsten so stark frequentierten Flugverkehr herauszuholen.


Ausgedünnt schien mir auch das Bild an den Terminals, beim Check-in und letztendlich im Abflugbereich. Nicht viele Menschen saßen dort wartend auf ihre Abreise.


Liegt es womöglich daran, dass die Lust am Reisen vergänglich ist, sobald wir nicht in fremde Länder fliegen dürfen, sobald wir uns nur noch auf die nähere Umgebung oder die eigene Heimat als Reiseland stürzen können. Ist es uns nicht möglich, attraktive Alternativen aufzutun und unseren Urlaub auf die heimischen Urlaubsregionen auszurichten.


Noch vor der Gesundheitskrise war dem Reisen keine Grenzen gesetzt. Weiter, spektakulärer, exotischer. Wer nicht in Superlativen von seinem Urlaub berichten konnte, der hatte scheinbar nichts wirklich zu erzählen.

 

©Nicole Hacke / die Kirche im Ortskern von Fritzlar / Nordhessen

warum braucht es überhaupt superlativen beim reisen?

Galt es bis vor ein paar Monaten noch als Privileg, exklusive Pauschalangebote oder noch individueller zusammengestellte All-in-One-Reisepakete zu buchen, so werden wir gerade jetzt auf ein Minimum möglicher Reiseoptionen beschränkt.


Doch ist das wirklich schlimm, mal nicht nach Spanien zu fliegen, nicht nach Italien und auch sonst auf keinen anderen außereuropäischen Kontinent.


Als Kind kannte ich diese Superlativen nicht, beziehungsweise definierte ich diese grundsätzlich anders. Für mich bedeutete superlatives Reisen und ultimatives Abenteuer auf Berggipfel zu steigen, jeden Tag zu wandern, in der Natur Kraft, Ausdauer und Energie zu tanken und sich dabei über mehrere Wochen zu erholen. Oftmals über viele Jahre am gleichen Urlaubsort, vorwiegend in den deutschen und weniger häufig in den österreichischen Alpen.

 

Schon damals galt das als langweilig, wenn man nicht mindestens an der Nordsee, besser noch im europäischen Ausland an irgendeinem Strand in der Sonne briet. Das war irgendwie schicker, exklusiver und stach schon damals das eigene Heimatland als Reiseoption bei Weitem aus.


Meine Superlative entsprach damals wie auch heute nicht dem derzeitigen Verständnis, ewig oft eine neue Metropole besuchen zu müssen, in kürzester Zeit die "Most instagramable places" in Europa und in der Welt zu erobern, sondern vielmehr geschlagene sechs Wochen am Stück an einem einzigen Ort zu verweilen. Das bedeutete für mich Urlaub de luxe.


Kaum vorstellbar für eine Gesellschaft, die nicht sterben will, bevor sie nicht, wie im gleichnamigen Buch: 1000 Orte gesehen hat, bevor sie den Löffel abgibt. Dabei kommt es doch lediglich darauf an, ob, warum und wie uns das Reisen emotional bewegt, was wir aus unseren Erlebnissen machen, wie wir eine Reise erleben, verinnerlichen und ob wir bewusst an ihr teilnehmen oder kopflos gerade mal den schönsten Fotohotspots hinterherjagen, damit wir zuhause vor unseren Freunden und Kollegen damit angeben können. Dabei unterliegen wir teils unbewusst einem permanenten Wettbewerb, der sich vom Job auch noch auf das Urlaubsverhalten verlagert.

 

©Nicole Hacke / welch Schönheit uns die Natur offenbart

Und das hat in meinen Augen absolut nichts, aber auch gar nichts mit Reisen im ursprünglichen Sinne zu tun, denn es frustriert auf lange Sicht, von einem Ort zum nächsten jagen zu müssen, um Abenteuer und ultimative Erlebnisse wie Siegertrophäen zu sammeln und am Ende einer Auszeit dennoch leer auszugehen und frustriert zu sein und nicht zu wissen, warum das eigentlich so ist?


Corona hat mein Reiseverhalten nicht gravierend verändert. Überrascht? Ich bin tatsächlich sehr glücklich mit dem, was mir jedes, wenn auch noch so kleines Reiseerlebnis bietet. Ob Mikroabenteuer oder Makroabenteuer, im Folgenden lasse ich Dich an meinen reiseerfüllenden Überzeugungen teilhaben, die Dir in Zeiten restriktiver Maßnahmen helfen sollen, Erfüllung, Abenteuer, Erlebnis und Erholung zugleich zu finden, egal an welchem Urlaubsziel Du Dich gerade aufhältst und wie stark Du in Deinem Reiseverhalten eingeschränkt bist.

 

©Nicole Hacke / auf der Mauer - Fritzlar in Nordhessen

lass dich beim reisen auf das unerwartete ein,lass dich überraschen!


Von der Eifel hatte ich keine Vorstellung, wollte ich auch nicht, denn als innerdeutsches Urlaubsziel kam diese abgelegene, für mich nichtssagende Region überhaupt nie in Frage. Bis ich auf einen Blogbeitrag stieß, der mich plötzlich neugierig auf das Unbekannte machte.

Da war von Burgen, Schlössern, Felsenschluchten und kilometerlangen Wanderwegen die Rede. Ich hatte Blut geleckt und wollte sofort und auf der Stelle hin. Griechenland, mein geplantes Reiseziel, stand dazumal unter Quarantäne und somit wurde aus dem spontanen Eifel-Trip der seit Langem schönste, ereignisreichste und besonders abwechslungsreiche Urlaub schlechthin.


Bleib deshalb spontan, offen, neugierig und lasse Dich einfach mal überraschen. Nicht alles, was Du planst und Dir in den schönsten Farben ausmalst, muss in Erfüllung gehen.

 

Gib den Alternativen im Leben Deiner Reisen eine faire Chance, mach das Beste daraus und Du wirst, entgegen Deinen Erwartungen, positiv begeistert sein.

 

begreife Reisen als Auszeit und als zeit für muße

 

Reisen soll Erlebnis bringen, soll bereichern, interkulturell und persönlich. Je mehr man sieht, entdeckt und erkundet, desto reicher wird das Abenteuer Reise und die dazugehörigen Erinnerungen. Doch was spricht dagegen, Deinen Urlaub in Ruhe anzugehen.

 

Wenn Du hektisch von einer Sehenswürdigkeit hetzt, bist Du nicht nur schnell aus der Puste, sondern übersiehst eventuell auch die vielen kleinen Details, die Dich umgeben. Lass locker, lass Dich einfach mal treiben und erlebe den Tag bewusst. Schere auch mal dorthin aus, wo die Massen nicht hinströmen, und nimm Dir alle Zeit der Welt. Du hast sie und Du wirst nichts verpassen.

Im Gegenteil! Am Ende wirst Du mehr gesehen und erlebt haben als all die Touristen, die auf die Stunde getaktet mit Scheuklappen durch die Weltgeschichte gelaufen sind, um was eigentlich aus ihrer Auszeit mitzubringen?


Mir haben die unzähligen sechswöchigen Sommerferien mit meinen Eltern bis dato etwas Entscheidendes gelehrt:


Ich habe Zeit und Muße für ausgedehnte Wanderungen, Erlebnisse sowie kulturelle Aktivitäten entwickelt, gelernt die Gesetzmäßigkeiten der Natur zu verstehen und zu verinnerlichen (Vorboten für Wetterumschwünge), mich entspannt, meine Energietanks voll aufgefüllt, Ausgeglichenheit, Achtsamkeit und körperliche Vitalität erlangt und darüber hinaus Region und Menschen näher kennengelernt, Gebräuche verstanden und das unschätzbare Gefühl von Zugehörigkeit, Heimatgefühl und Tradition kultiviert, auch in der Ferne.


Und das hat so viel Mehrwert als nur ein paar Tage wie ein ICE durch die Urlaubsregion zu rasen und faktisch am Ende fast nur an allem vorbei gerauscht zu sein.

 

©Nicole Hacke / mittelalteriche Stadtmauer in Fritzlar / Nordhessen

Wo Du gegangen bist, dort bist Du gewesen! Wandern als GEGENPOL ZUr aktionistischen URLAUBSHEKTIK

 

Gehen, weiter gehen, soweit Deine Füße Dich tragen. Oder aber Du probierst es mit dem Auto oder dem Fahrrad die Gegend zu erkunden. Eines bleibt dabei unumstritten:

 

Ausschließlich im Gehen liegt die treibende Kraft für tiefstes Glücksempfinden. Auch das Vermögen des intensiven Erlebens, gepaart mit einmaligen, unvergesslichen Erinnerungen wird durch ausgiebige Bewegen gestärkt.


Entdecke Dein Wanderpotenzial. Du kannst überall in Deiner Heimat starten, direkt vor Deiner Haustür machst Du den ersten Schritt. Oder Du urlaubst in den Nationalparks Deiner Region. Wie wäre es mit der Lüneburger Heide, der Sächsischen Schweiz, der Eifel, dem Nationalpark Berchtesgaden oder dem Werdenfelser Land? Ein paar Wandertipps und ausgewählte Routen findest Du in folgender meiner Beiträge:

 

uNBEKANNTE ORTE ENTDECKEN, sich inspirieren lassen

 

Es gibt Orte, die werden einfach links liegen gelassen, solange bis Sie ein Blogger für sich entdeckt und sie der Welt kundtut. Auf einmal sind diese Orte ganz plötzlich hipp und furchtbar interessant.

 

Schon mal etwas von Fritzlar gehört? Nein! Ich auch nicht, zumindest war mir bis vor Kurzem nicht klar, was für ein unglaublich faszinierendes Fachwerkjuwel sich an der hessischen Märchenstraße befindet.

 

Neues, unbekanntes Terrain entdecken, ist um so vieles aufregender, als es anderen immer und zu jeder Zeit nachzumachen.  Inspiration kannst Du nur sammeln, wenn Du von den bereits ausgetretenen Pfaden abweichst und Dir Deine eigenen, ganz individuellen Reiseziele steckst.

 

Und genau in Deinem Land, in Deiner Region warten noch so viele unentdeckte Schätze auf Dich, dass Du vielleicht sogar vor Deiner eigenen Haustür schon damit beginnen kannst, das Reisen für Dich ganz neu zu definieren.

 

DER ERSTE SCHRITT VOR DIE HAUSTÜR IST bereits DER ANFANG DEINER REISE

 

Mache Deine Reise, ob klein oder groß, bereits mit dem ersten Schritt, den Du vor Deine Haustür setzt, zum Erlebnis. Warte nicht auf das Ankommen am Urlaubsort, sondern genieße bewusst, mit all Deinen Sinnen, den Weg dorthin.


Freunde, deren Flug nach Frankreich kurzfristig storniert wurde, haben sich vor ein paar Tagen mit dem eigenen PKW auf den Weg gemacht, und waren nach ersten Bedenken plötzlich regelrecht Feuer und Flamme für die lange, unkonventionelle Fahrt mit dem eigenen fahrbaren Untersatz.


Freiheit ich komme. So waren Sie tatsächlich letztmalig in den 80ger Jahren gereist. Frei, ungezwungen, alternativ und mit dieser Prise abenteuerlichem Spirit im Gepäck.


Der Nostalgiefaktor lässt obendrein grüßen.


Wir müssen ja nicht mehr auf die Pferdekutsche umsteigen, auch wenn das mittlerweile wieder zu einem echten, unverfälschten Reiseabenteuer mutieren könnte.

 

©Nicole Hacke / in der Fachwerkstadt Fritzlar / Nordhessen

Und zu guter Letzt....keep it low profile

 

Schraube Deine Erwartungen runter, setzte die Latte nicht zu hoch, sei dankbar für all die wundervollen Momente, die Du auf Deinen bisherigen Reisen erleben durftest.


Wenn es Dir hilft, schau Dir die Fotos Deiner letzten Reiseaktivitäten an, schwelge in schönen Erinnerungen, teile Sie mit Freunden, Tausche Deine Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse aus und schließe Kompromisse, was die derzeitige Reisesituation anbelangt.


Das Leben ist dennoch und vielleicht sogar trotz aller Einschränkungen voller Möglichkeiten und guter Alternativen.


Du brauchst lediglich Deine Perspektive zu ändern, Dir in Erinnerung rufen, wie Deine Eltern noch vor einigen Jahrzehnten gereist sind und dabei überdenken, ob Du aus den wenigen Angeboten, die es aktuell auf dem Reisemarkt gibt, das beste für Dich herausholen kannst.


Jede scheinbar noch so unbedeutende Reiseoption kann zu einer großartigen Erfahrung werden. Ich selbst habe nicht im Traum daran gedacht, jemals die Eifel zu besuchen. Wer fährt dort auch schon hin, dachte ich.


Ganz ehrlich: ich spiele bereits mit dem Gedanken, dort noch einmal Station zu machen!

 

Warum?

 

Weil es einfach so unvorhersehbar und überraschend schön dort war. Mit weniger großen Erwartungen im Gepäck ist die Last der Enttäuschung definitiv kleiner und die Freude erfährt plötzlich eine ganz andere Dimension.


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